Film 3.0 beschreibt die zukünftige Konvergenz zwischen Film, TV, und Gaming-Industrie.
“Alles, was man für einen Film braucht, ist ein Revolver und ein Mädchen.“
Jean-Luc Godard beschrieb 1991 mit einem einzigen Satz eine ganze Industrie. Dass er damit auch eine weitere Branche in Bewegung brachte, war dem Kultregisseur und führenden Vertreter der Nouvelle Vague damals vermutlich noch nicht klar. Drei Jahre später wurde nämlich die wohl berühmteste Computerspielfigur Lara Croft erfunden und damit das Zeitalter des modernen Computerspiels eingeläutet. Die Kinofilm-, Fernseh- und Gaming-Industrie sind zu den wichtigsten Anbietern von Inhalten geworden, die tagtäglich in der Primetime um die emotionale
Aufmerksamkeit des Publikums ringen. Anstatt sich jedoch gegenseitig zu kannibalisieren, heißt das Schlüsselwort Konvergenz. Nur wer die kontinuierliche Konvergenz von Filmen, Fernsehsendungen und Games intelligent koordiniert, hat Aussichten auf Erfolg.
Entertainment – All In One
Die Next-Generation Spielkonsolen Wii, Playstation 3 und Xbox360 sowie die Blu-ray stellen erste Aspekte dieser neuen Konvergenz dar. Sie dienen nicht mehr nur der spielerischen Unterhaltung, sondern sind vollständig ausgerüstete Multimedia-Heimkinoanlagen mit TV- und Internetfunktion. Auf ihnen kann der User Hollywoodfilme und TV-Inhalte on Demand konsumieren, speichern und sogar neu zusammenschneiden. Der Viewer wird so zum Viewser.
Auf Sonys momentanem Aushängeschild, der Playstation 3, startet der japanische Konzern demnächst eine eigene virtuelle 3D-Welt, die Second Life ähnelt. Nutzer, die in„HOME“, so der Titel dieser virtuellen Welt, zum Player werden, können wie in Second Life Avatare erschaffen und hochqualitative 3D-Welten erkunden. Die starken Prozessorkapazitäten der Konsole machen das multimediale Erlebnis visuell noch
eindrucksvoller. Jeder Nutzer von „HOME“ hat eine eigene Wohnung, in der er sich mit Freunden treffen, spielen sowie Musik, Videos und andere Inhalte austauschen kann. Hier findet Medienkonsum nach dem „Jump In“ des Users also komplett in einer virtuellen Umgebung statt.
Die Indizien, dass sich die Industrien in die richtige Richtung bewegen, sind jedoch nicht nur an den Spielkonsolen ablesbar.
Verlängerte Auswertungskette
Schon lange hat sich der Begriff des Blockbusters, der einen Film mit mehr als 100 Millionen Dollar Einspielergebnis bezeichnet, auch als Ausdruck für erfolgreiche Games durchgesetzt. Das Videospiel zum Film ist keine Seltenheit mehr. Die üblichen Auswertungsstufen Kino, Leih- und Kauf-DVD und Pay- bzw. Free-TV werden um die ertragreiche Verwertungsstufe Game erweitert. Auch umgekehrt werden immer mehr
Videospielklassiker – unter anderem sogenannte Playstation Movies – wie „Tomb Raider“, „Hitman“, „Final Fantasy“ oder „Resident Evil“ äußerst erfolgreich ins Kino gebracht, wodurch die Synergieeffekte zwischen den Industrien gestärkt werden. Auch im TV-Bereich gibt es bereits Beispiele für Formatverlängerungen in das Gaming-Genre.
Machinima – Neue Inhalte entstehen
In diesen sogenannten Massive Multiplayer Online Roleplay Games (MMORPGs) sind Charaktere häufig an Filmfiguren angelehnt. Meist stehen sogar Filmstars Modell für jene Game-Figuren, in die der User schlüpft. Sie leihen ihnen nicht nur ihre Stimme, sondern stehen auch für die Bewegung Pate. Möglich wird dies durch das aus der Filmbranche stammende Motion Capturing, ein Prozedere, bei dem der Schauspieler in einem Anzug voller Sensoren steckt. Diese registrieren seine Bewegungen, wodurch ein naturgetreues 3D-Modell entsteht. Für die durch das Web 2.0 aktivierten User ergeben sich dadurch bisher ungeahnte Chancen, Inhalte zum Beispiel in Form von Videos zu produzieren. Das populärste Format in diesem Zusammenhang sind Machinima-Filme. Der Begriff setzt sich aus den englischen Begriffen “machine”, “cinema” und “animation” zusammen und steht für einen neuen Weg der Filmproduktion in virtuellen 3D-Welten. In den USA kaufte der TV-Riese HBO 2008 die ersten Lizenzen für Machinima-Filme. Weltweit gibt es mittlerweile eigene Filmfestivals, auf denen die besten Machinima-Produktionen gezeigt
und prämiert werden.
Cross-Promotion einmal anders
Werbemaßnahmen für Games und Filme gleichen sich schon heute sehr. Betrachtet man zum Beispiel das Actionthrillergame „Heavy Rain“, welches das französische Game-Produktionsstudio Quantic Dream für die Playstation 3 entwickelt hat, so sind Unterschiede zu einem typischen Actionfilm kaum mehr erkennbar. Selbst die Werbeclips für das Game wirken durch die Tatsache, dass sie das virtuelle Casting für die Hauptfigur
im Spiel zeigen, filmgleich. In-Game-Advertising ist die neue Crosspromotion. In der neuesten Version des Ego-Shooter-Spiels “Counter Strike” wirbt IGA für den DVD-Start seines Actionthrillers “Smokin’ Aces”. Die Konvergenz zwischen dem Game und dem Actionfilm wurde dabei
über das Grundthema der beiden Titel, die Gewalt, geschaffen.
Was Games können, kann Film schon lange
Die dritte Dimension war besonders in der Unterhaltungsbranche schon immer etwas Faszinierendes. Die Simulation von Räumlichkeit hat es in der Filmbranche erstmals bereits in den 50er Jahren gegeben, als 3D-Kurzfilme in ausgewählten Kinos gezeigt wurden. Durchsetzen konnte sich das dreidimensionale Kino allerdings selbst beim zweiten und dritten Anlauf in den 80er und 90er Jahren nicht.
Eine Gruppe der größten Hollywood-Regisseure aller Zeiten hat sich vereinigt, um ein weiteres Mal zu versuchen, das Kino auf seine nächste Stufe zu heben. George Lucas, James Cameron und Peter Jackson gründeten 2007 das Unternehmen In-Three. Ziel ist es, Kinofilme in Zukunft in 3D zeigen zu können, ohne dass ungemütliche Brillen gebraucht werden. Die dazu eigens entwickelte Software konvertiert aufgenommenes
2D-Filmmaterial und verleiht ihm eine dritte Dimension. Mit den Produktionen „Beowulf“ (Start: November 2007) und James Camerons „Avatar“ (geplanter Start: 2009) wartet man bereits gespannt auf die neue Generation des Kinofilms und vor allem darauf, ob der
3D-Standard in Games dazu geführt hat, dass auch Filme in Zukunft in räumlichen Bildern gezeigt werden.
Potenzialträger Mobile
Sowohl die Film- als auch die Gaming- und TV-Branche haben ihr Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft. Besonders der mobile Sektor ist derzeit noch ausbaufähig, vor allem wenn es um konvergente Angebote geht. Auch hier sind Spielkonsolen wie Sonys Playstation Portable oder Nintendos DS bereits dabei, zum Kino und TV-Gerät für unterwegs zu werden. Für andere mobile Endgeräte wie iPhone, Blackberry oder Handy
gibt es allerdings noch kaum Anwendungen. Sofatronic stellt hier eine Premiere dar. Die Anwendung integriert Micro Games in Filme und stellt eine Verknüpfung der Inhalte mit dem mobilen Endgerät her. Einzelne Szenen können bewertet und auf das Handy übertragen werden. Per Fernbedienung können zudem einfache Spiele parallel zu dem Handlungsstrang des Films gespielt und Verknüpfungen mit Gewinnspielen aufgebaut werden. Eine Shop-Einbindung sowie Community-Tools wie eine Buddy List, ein Simultan Watching Modus oder eine Chat- und E-Mailfunktion runden den Service ab. Nach der Einführung von Next Generation Spielkonsolen wie Playstation 3, Xbox360 und
Wii in 2007 wir die Konvergenz zwischen den beiden Branchen mit dem Sprung auf das mobile Endgerät in 2008 ein weiteres Mal sprichwörtlich in Bewegung kommen.