Filmpromo.de – Trends und Best Practice Communication Cases aus der Entertainment-Industrie

Trends und Best Practice Communication Cases aus der Entertainment-Industrie

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1. Einleitung:

Geschrieben am 9.Oktober 2006

Zwischen der Filmwissenschaft, deren Theoretiker sich vor allem mit künstlerischen und soziologischen Aspekten des Mediums Films beschäftigen, den Wirtschaftswissenschaftsbereichen Marketing und Public Relations und systemtheoretischen Überlegungen scheint es auf den ersten Blick keine wirklichen Verbindungen zu geben.
Zu jeder der genannten Wissenschaften existieren zwar Unmengen an Literatur und Theorien – eine Verbindung der einzelnen Disziplinen gibt es bis jetzt jedoch noch nicht.

Ziel dieser Seminararbeit ist es, Filmvermarktung in Systeme zu untergliedern und die dabei aufgestellte Systematisierung an zwei Filmen, die aus filmwissenschaftlicher Sicht wesentliche Unterschiede aufweisen, anzuwenden.
Während bei kleineren – so genannten Independent-Produktionen[1] – wie dem Überraschungserfolg „The Blair Witch Project“ vor allem auf Public Relations mit Schwerpunkt auf Pressearbeit und Mundpropaganda[2] gesetzt wird, spielen breit angelegte Werbekampagnen und Promotion- und Merchandising-Aktionen bei Blockbustern[3] wie den beiden Star Wars-Trilogien die erste Geige bei der Vermarktungsstrategie.
Interessant ist dabei, dass Verleiher wie die weltweit tätige Twentieth Century Fox die Unternehmenskommunikation für den Konzern nicht mit der Vermarktung der verliehenen Filme verbindet, wie Boris Benefeld, Marketing Director von Twentieth Century Fox Home Entertainment, in einem Interview mit dem deutschen Filmbranchenmagazin „Blickpunkt: Film“ behauptet: „[…] wir schaffen keinen Link zwischen einem Film und dem Namen Fox. Jeder Film ist vielmehr selbst eine Marke und wird als solche jeweils neu aufgebaut.“[4]

Man kann also bei der Kommunikationsstrategie von Fox von zwei übergeordneten Systemen sprechen.
Einerseits ist dies die Kommunikation für das Unternehmen, die mit all ihren Disziplinen und Maßnahmen ein eigenes Ganzes bildet, und andererseits existiert das System der Filmvermarktung – also das System der Kommunikation für und über einen jeden neuen Film.
Wie und warum sich die Zusammensetzung der einzelnen Kommunikationssystem-Teile von Film zu Film unterscheidet, soll in dieser Arbeit gezeigt werden.

Die Filmindustrie ist mit Abstand die teuerste Branche, wenn es darum geht, Unterhaltung für das breite Volk zu produzieren.
Jörg Winners schreibt in seinem Online-Leitfaden zur Filmvermarktung: „Die durchschnittlichen Produktionskosten eines Hollywood-Films liegen zurzeit bei 59 Mio. $. Dazu kommen durchschnittlich 31 Mio. $ Marketing- und Startkosten (Kopien etc.) für die USA/Kanada, ungefähr die gleiche Summe muß [sic!] im ‚Rest der Welt’ ausgegeben werden. Dies bedeutet eine durchschnittliche Investition von $120 Mio. pro Film.“[5]
Rechnet man die zusätzlichen Kosten, die durch Kinomiete und Steuern entstehen, dazu, muss ein Film laut Winners weltweit also in etwa 240 Millionen US-Dollar einspielen, um eine „schwarze Null“[6] zu schreiben.
Um dieses Ergebnis zu erreichen, spielt der richtige Einsatz der einzelnen Kommunikationsdisziplinen im System der Filmvermarktung eine entscheidende Rolle.

Im günstigsten Fall funktioniert die von den beiden PR-Theoretikern Franz Ronneberger und Manfred Rühl aufgegriffene Idee, wonach „[…] das Ganze doppelt zu denken ist: (1) als Einheit und (2) als Gesamtheit der Teile. Dieses Dilemma ist zu einem Trilemma geworden, seit darüber hinaus (3) vom Ganzen angenommen wird, es sei mehr als die Summe seiner Teile.“[7]
Geht man davon aus, dass dieses Aristotelessche Ganze das System der Filmvermarktung darstellt, so wäre der monetäre und immaterielle (Aufbau der Film-Marke und eines positiven Images) Erfolg eines Films jenes Mehr, welches durch das Zusammenspiel – also die Summe der Systemteile (Marketing, Public Relations, Mundpropaganda usw.) – entsteht.
[1] Independent-Produktionen sind Filme, die nicht mit Mitteln eines großen Studios finanziert oder nicht von einem großen Filmverleih verliehen werden. Independent bezeichnet oft auch Filme, die stilistisch merklich von den Mustern der Hollywood-Produktionen abweichen und beispielsweise ohne Stars auskommen
[2] „Wichtigstes, da für den Erfolg des Films letztlich ausschlaggebendes Medium der Filmwerbung. Die bezahlte Werbung hat das erste, das Publikum das letzte Wort. Empfehlungen von Freunden und Bekannten gelten als zuverlässigste Quelle der Information über die Qualität eines Films. Empirische Untersuchungen zeigen, dass negative Urteile über eine höhere Glaubwürdigkeit verfügen als positive. Die Mundpropaganda kann so gesehen den Erfolg eines geglückten (das heißt den Anliegen und Bedürfnissen seines Publikums angemessenen) Films zwar nur unterstützten, den Misserfolg eines missglückten Films aber besiegeln.“
Hediger, Vinzenz und Vonderau, Patrick: Glossar. Mundpropaganda. In: Demnächst in Ihrem Kino. Grundlagen der Filmwerbung und Filmvermarktung. Hg. v. Vinzenz Hediger und Patrick Vonderau. Marburg 2005. S. 397.
[3] „Ein Film wird dann als ‚Blockbuster’ bezeichnet, wenn er in Amerika mehr als 100 Mio. € Umsatz an der Kinokasse einspielt.“
Winners, Jörg: Leitfaden Filmvermarktung. Im Internet: http://www.film-marketing.info/ (eingesehen am 20. November 2005).

[4] Interview „Blickpunkt: Film“ mit Boris Benefeld. In: Blickpunkt: Film Special Juni/2005. S. 22.
[5] Winners, Jörg: Leitfaden Filmvermarktung. Im Internet: http://www.film-marketing.info/ (eingesehen am 20. November 2005).
[6] Ebda.
[7] Ronneberger, Franz und Rühl, Manfred: Theorie der Public Relations. Ein Entwurf. Opladen 1992. S. 83.

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